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Orthopädie-Kolumne

Was passiert bei einem Muskelfaserriss?


Orthoplus-Kolumne von Dr. med. Britta Lindemann
Sie ist spezialisiert auf konservative Orthopädie und Sportmedizin.

Hinterher ist man immer klüger. Das gilt auch für alle, die schon mal einen Muskelfaserriss erfahren haben. Denn die Ursachen für Risse oder Zerrungen am Muskel sind häufig sportliche Kaltstarts oder eine sehr schnelle Drehung und Stopps wie beim Tennis oder Squash. Danach sagen Patienten oft „Ich hätte es wissen können, dass das nicht gut war…“. Doch wie kann man vorbeugen und was geschieht bei einem Muskelfaserriss?

Plötzliche starke Schmerzen sind Symptome eines Muskelfasserrisses
Im Gegensatz zur Muskelzerrung, bei der Muskelbestandteile nur überdehnt werden, reißen bei einem Muskelfaserriss tatsächlich einzelne oder auch ganze Muskelfasern. Vor allem betroffen ist die Waden- und Oberschenkelmuskulatur. Meist kommt es zu plötzlichen starken Schmerzen mit Bewegungseinschränkung und teilweisem Kraftverlust der entsprechenden Partie. Zudem können Blutergüsse auftreten. Ist die Krafteinwirkung noch umfassender, können auch mehrere Muskelfasern betroffen sein. Wir sprechen dann von einem Muskelbündelriss. Erkennbar wird dieser oft schon äußerlich daran, dass eine sichtbare Beule im betroffenen Muskelbereich entsteht. Diese entsteht durch das Zusammenziehen der gerissenen Muskelpartie. Auch hier kommt es zu Einblutungen mit sichtbaren Blutergüssen. Es besteht ein erhöhtes Risiko für ein Kompartmentsyndromt, vor allem dann, wenn auch noch blutverdünnende Medikamente eingenommen werden.

Gute Heilungschancen in den meisten Fällen
In den meisten Fällen heilen Muskelfaserrisse folgenlos und von alleine aus. Neben Schonung der betroffenen Partie sind Kühlung, auch Kompressionsverbände und Tapes sowie Hochlagerung sinnvoll. Physiotherapie, sowie moderate Bewegung können im weiteren Verlauf die Behandlung ergänzen. Ziel der Behandlung ist die Integration der geschädigten Muskelanteile in den normalen Bewegungsablauf. Je früher eine die Therapie beginnt, desto eher werden auch Alltagsbelastungen und Sport möglich sein. Vorbeugend sollte dem Sport eine ausreichende Aufwärmphase vorausgehen. Zudem sollten man neue Sportarten schrittweise erlernen und dessen Belastungsumfänge angepasst gesteigert werden. So haben die Muskulatur und auch die Sehnen Zeit, sich an die neue oder gesteigerte Belastung zu gewöhnen und stabilisierende, aufbauende Prozesse in Gang zu bringen.

Spezialfall Achillessehnenriss
Von den beiden ersten Rissen zu unterscheiden ist der Achillessehnenriss. Er entsteht am Übergang zwischen Wadenmuskulatur und Fersenknochen – in der Achillessehne. Die Achillessehnenruptur ist der häufigste Sehnenriss. Typischerweise kann er im Rahmen einer akuten Überlastung oder durch eine ruckartige Kontraktion des zugehörigen Muskels erfolgen. Häufig liegt eine degenerative Vorschädigung der Sehne vor. Erkennbar ist diese Verletzung durch ein knallendes Geräusch im Moment des Risses gefolgt von einem heftig einstechenden Schmerz. Das Gehen ist kaum noch möglich – Zehengang unmöglich. Die Behandlung erfolgt hier während mehrerer Wochen durch einen orthopädischen Stiefel, der den Fuß in Spitzfußstellung hält. In manchen Fällen kann auch eine operative Therapie nötig werden. Die Therapie und Heilung dauern einige Monate. Bis die Sportler wieder voll belastungsfähig sind, kann rund ein halbes Jahr vergehen.